Der besondere Kündigungsschutz für schwerbehinderte Menschen
Der besondere Kündigungsschutz für schwerbehinderte Menschen hat das Ziel, die behinderten Beschäftigten zu schützen und ihren Arbeitsplatz zu erhalten.
Das Kündigungsverfahren gemäß Sozialgesetzbuch – Neuntes Buch – (SGB IX) ist dem arbeitsgerichtlichen Kündigungsverfahren nach dem Kündigungsschutzgesetz (KSchG) vorgeschaltet. Bei einer ordentlichen Kündigung besteht eine Mindestkündigungsfrist von vier Wochen (§ 169 SGB IX). Die ohne vorherige Zustimmung des Integrationsamtes ausgesprochene Kündigung ist unwirksam. Sie kann auch nicht nachträglich durch das Integrationsamt genehmigt werden.
Unter Downloads kann ein Muster eines Antrages auf Zustimmung zur Kündigung des Arbeitsverhältnisses heruntergeladen werden. Dieses Muster ist nicht zwingend vorgeschrieben. Der Antrag kann auch frei formuliert werden.
Das Zustimmungsverfahren des Integrationsamtes zur Kündigung des Arbeitsverhältnisses ist in den §§ 170 ff. SGB IX geregelt.
Die Zustimmung zur Kündigung beantragt die Arbeitgeberin bzw. der Arbeitgeber schriftlich beim Integrationsamt.
Elektronische Antragstellung möglich
Anträge von Arbeitgeberinnen und Arbeitgebern auf Zustimmung zur Kündigung schwerbehinderter Menschen können schriftlich oder elektronisch (per E-Mail beantragt werden (§ 170 SGB IX (Neuntes Buch Sozialgesetzbuch)).
Bitte beachten Sie: Für Anträge auf Zustimmung zur Kündigung ist der elektronische Zugang ausschließlich über die Virtuelle Poststelle (VPS) des Landes Rheinland-Pfalz möglich. Nähere Informationen hierzu finden Sie unter https://nutzerkonto.service.rlp.de.
Das Integrationsamt erstellt
- an die Arbeitgeberin bzw. den Arbeitgeber eine Eingangsbestätigung für den Antrag,
- an die Schwerbehindertenvertretung und den Betriebsrat eine Kopie der Eingangsbestätigung samt Aufforderung zur Stellungnahme,
- an den betroffenen Arbeitnehmer bzw. die betroffene Arbeitnehmerin: eine Eingangsbestätigung samt Kopie des Antrags auf Zustimmung zur Kündigung sowie ein Hinweisblatt und einen Fragebogen zur Abgabe einer Stellungnahme zum Antrag des Arbeitgebers bzw. der Arbeitgeberin.
Prüfung und Entscheidung
Das Integrationsamt ermittelt den Sachverhalt von Amts wegen, holt sämtliche Beweismittel wie Urkunden, Zeugenaussagen und Sachverständigenurteile sowie Stellungnahmen des Betriebsrats und der Schwerbehindertenvertretung ein und hört den Arbeitnehmer bzw. die Arbeitnehmerin an. Das Integrationsamt kann einen Ortstermin im Betrieb ansetzen und eine Betriebsbegehung durchführen, wobei Anhörungs- und Mitwirkungspflichten aller Beteiligten bestehen. Es hat auf eine gütliche Einigung hinzuwirken und soll seine Entscheidung aufgrund mündlicher Verhandlung treffen.
Bei einer ordentlichen Kündigung soll die Entscheidung grundsätzlich innerhalb eines Monats nach Eingang des Antrags getroffen werden (§ 171 SGB IX). Bei einer außerordentlichen Kündigung soll die Entscheidung innerhalb von zwei Wochen nach Eingang des Antrags getroffen werden (§ 174 Absatz 3 SGB IX). Trifft das Integrationsamt innerhalb dieser Zeit keine Entscheidung, gilt die Zustimmung als erteilt (§ 174 Absatz 3 SGB IX).
Das Integrationsamt stellt der Arbeitgeberin bzw. dem Arbeitgeber und der bzw. dem von Kündigung bedrohten Arbeitnehmerin bzw. Arbeitnehmer seine Entscheidung zu. Der Agentur für Arbeit wird eine Kopie der Entscheidung zugesandt.
Nach der ordnungsgemäßen Zustellung der Entscheidung kann die Arbeitgeberin bzw. der Arbeitgeber im Falle der Zustimmung die ordentliche Kündigung aussprechen. Sie bzw. er hat hierzu eine Ausschlussfrist von einem Monat nach Zustellung.
Bei der Zustimmung zur außerordentlichen Kündigung ist diese unverzüglich durch die Arbeitgeberin bzw. den Arbeitgeber zu erklären. Lässt der Arbeitgeber bzw. die Arbeitgeberin diese Frist verstreichen, ist die Kündigung nicht mehr zulässig.
Widerspruch und Klage
Legt die Arbeitnehmerin bzw. der Arbeitnehmer Widerspruch gegen die der Kündigung zustimmende Entscheidung ein oder erhebt sie bzw. er gegen einen negativ ausfallenden Widerspruchsbescheid Klage, so hindert dies den Arbeitgeber bzw. die Arbeitgeberin nicht daran, die Kündigung auszusprechen.
Einige Ausnahmen von der notwendigen Zustimmung des Integrationsamtes bei einer Kündigung durch die Arbeitgeberin bzw. den Arbeitgeber enthält § 173 SGB IX. Hiernach ist unter anderem
- die Kündigung eines schwerbehinderten Menschen innerhalb von sechs Monaten seit Bestehen des Arbeitsverhältnisses zustimmungsfrei (§ 173 Abs. 1 Nr. 1 SGB IX). Es genügt, wenn die Arbeitgeberin bzw. der Arbeitgeber die Kündigung innerhalb der Sechsmonatsfrist erklärt, selbst wenn die Kündigungsfrist danach endet.
- die Kündigung von schwerbehinderten Menschen, die sozial abgesichert sind, unter bestimmten Voraussetzungen zustimmungsfrei (§ 173 Abs. 1 Nr. 3 SGB IX).
- die Kündigung der in § 173 Abs. 1 Nr. 2 und Abs. 2 SGB IX genannten Beschäftigungsverhältnisse zustimmungsfrei.
Keine Anwendung finden die Vorschriften des besonderen Kündigungsschutzes auch, wenn zum Zeitpunkt der Kündigung die Eigenschaft als schwerbehinderter Mensch nicht nachgewiesen ist oder das Versorgungsamt (in Rheinland-Pfalz zuständige Behörde: das Landesamt für Soziales, Jugend und Versorgung) nach Ablauf der Frist des § 152 Abs. 1 Satz 3 SGB IX eine Feststellung wegen fehlender Mitwirkung nicht treffen konnte. Der besondere Kündigungsschutz gilt danach unter folgenden Voraussetzungen:
- Die Anerkennung der Schwerbehinderteneigenschaft (Grad der Behinderung gleich bzw. größer als 50) bzw. die Gleichstellung liegt vor.
- Es muss ein Antrag auf Gleichstellung oder Feststellung der Schwerbehinderteneigenschaft gestellt worden sein. Dieser vollständige Antrag muss mindestens 3 Wochen vor Zugang der Kündigungserklärung bzw. des Antrags auf Zustimmung zur Kündigung bei der Agentur für Arbeit bzw. dem Landesamt für Soziales, Jugend und Versorgung vorgelegt worden sein.
Die Arbeitgeberin bzw. der Arbeitgeber oder der schwerbehinderte Mensch kann Widerspruch innerhalb der Widerspruchsfrist von einem Monat nach Zugang der Entscheidung erheben. Aufgrund der Doppelwirkung der Entscheidung des Integrationsamtes kann das Integrationsamt selbst den Bescheid nicht aufheben oder abändern. Nach erneuter Überprüfung des Sachverhaltes, insbesondere aufgrund einer vorgetragenen Widerspruchsbegründung, wird der Widerspruch daher dem Widerspruchsausschuss beim Integrationsamt zur Entscheidung vorgelegt.
Wenn Sie Fragen haben, können Sie sich an die Ansprechpersonen an den jeweiligen Dienstorten des Integrationsamtes wenden: Kontakte.
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Rudolf Hank
Telefon 06131 967-449
hank.rudolf(at)lsjv.rlp.de
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