FAQs
Häufig gestellte Fragen zu unbegleiteten minderjährigen Ausländerinnen und Ausländern
Stand: April 2019
Kostenfragen
Die Unterbringung bzw. Inobhutnahme eines umA muss vom Jugendamt rechtmäßig durchgeführt worden sein.
Dazu gehört u. a. auch, dass vor der Inobhutnahme eine erste Alterseinschätzung stattgefunden hat, bei der zumindest die Minderjährigkeit des jungen Menschen nicht ausgeschlossen werden konnte.
Es werden Kosten für jedwede rechtmäßig gewährte Jugendhilfe und nach den vor Ort gültigen Bedingungen bzw. Richtlinien (§ 89f SGB VIII) erstattet.
Sofern in Einzelfällen das Jugendamt selbst die Jugendhilfeleistung erbringt (z. B. SPFH oder Betreutes Wohnen), ist eine Kostenerstattung nur dann möglich, wenn eine Abgrenzung der Tätigkeit der Fachkraft des Jugendamtes zu anderen Tätigkeiten (z. B. ASD) möglich ist. Zudem ist nur eine einzelfallbezogene Kostenerstattung möglich, keine pauschale Kostenerstattung.
Während der (vorläufigen) Inobhutnahme ist das Jugendamt verpflichtet, den Unterhalt sicherzustellen.
Nach Beenden der Inobhutnahme gibt es verschiedene denkbare Konstellationen:
- Gewährung von Hilfen zur Erziehung (HzE), z. B. in Form von Verwandtenpflege: In diesem Fall könnten reguläre Sätze gezahlt werden.
- Keine HzE: Der Unterhalt kann grundsätzlich durch Leistungen nach den Bestimmungen des Asylbewerberleistungsgesetzes oder des SGB II bzw. SGB XII gewährt werden.
Ob die Voraussetzungen für die Gewährung der jeweiligen Sozialleistungen vorliegen, ist im Einzelfall vom zuständigen Sozialleistungsträger zu prüfen. Letzteres gilt auch dann, wenn ambulante Maßnahmen im Rahmen des SGB VIII durchgeführt werden.
Eine Kostenerstattung für eine irrtümliche Inobhutnahme ist möglich, wenn im Erstgespräch eine Minderjährigkeit nicht ausgeschlossen werden konnte und die Entscheidung sowie das Vorgehen des Jugendamtes entsprechend dokumentiert wurde.
Werden dem überörtlichen Kostenträger jedoch Erkenntnisse darüber bekannt, dass die Jugendhilfe im Einzelfall unrechtmäßig gewährt wurde – das heißt, dass das Jugendamt hätte merken müssen, dass die Voraussetzungen nicht vorliegen, so können die Kosten nicht erstattet werden.
In der Regel sind die umA über die Sammelhaftpflichtversicherung der Einrichtungen bzw. der Jugendämter mitversichert. Es sollte im Vorfeld eruiert werden, ob eine solche besteht.
Im Gegensatz zu den „regulären“ Jugendhilfefällen scheidet bei umA eine Mitversicherung im Rahmen der Familienversicherung meistens aus. In einem Haftpflichtfall, liegt die Haftung – je nach Alter – somit bei dem Kind/Jugendlichen bzw. jungen Volljährigen selbst. Sofern dieser nicht leistungsfähig ist, was voraussichtlich während der Jugendhilfemaßnahme der Fall sein wird, kann der bzw. die Geschädigte einen entsprechenden Titel erwirken.
Es empfiehlt sich daher, dass für die betroffenen umA eine eigene Haftpflichtversicherung abgeschlossen wird, sobald hier kein ausreichender Schutz durch die Einrichtung mehr gegeben ist, z. B. beim Betreuten Wohnen. Die hierfür im Rahmen des § 39 SGB VIII entstehenden Kosten im Einzelfall können ebenfalls geltend gemacht werden.
Die Kosten für die vorgenannten Sammelhaftpflichtversicherungen können allerdings nicht erstattet werden. Bei diesen handelt es sich um Verwaltungskosten im Sinne von § 109 SGB X, welche nicht erstattungsfähig sind. Wie das DIJUF in seinem Rechtsgutachten vom 01.04.2004 (J 3.315) aufführt, erfolgt hierbei keine individuelle (namentliche) Erfassung, sondern es werden (durchschnittliche) Jahresfallzahlen zugrunde gelegt und daraus ein Gesamtbetrag errechnet. Dies ist im erstattungsrechtlichen Sinne keine Individualleistung, auch wenn sie sich rechnerisch auf den Einzelfall umlegen ließe.
Auch Kosten, welche aufgrund von vorsätzlichem Handeln entstanden sind, können nicht erstattet werden. Diese werden i. d. R. auch nicht von den Versicherungen getragen. Für solche Kosten muss der umA selbst die Haftung übernehmen.
Taschengeld und Bekleidungsgeld sind in der vorläufigen Inobhutnahme ab dem 7. Tag zu gewähren – rückwirkend mit Datum des Maßnahmenbeginns.
Ja.
Sofern keine vorrangige Krankenversicherung besteht oder ein anderer Träger (z. B. Unfallkasse) zuständig ist, werden die Kosten für Krankenhilfe im Rahmen des § 40 SGB VIII vom überörtlichen Träger erstattet.
Nach § 264 Abs. 2 SGB V wird die Krankenbehandlung von Empfängern von Krankenhilfeleistungen nach dem SGB VIII von den Krankenkassen übernommen. Dieser Personenkreis ist gemäß § 264 Abs. 2-7 SGB V bei einer gesetzlichen Krankenkasse anzumelden. Die Abrechnung über „Krankenscheine“ der Jugendämter ist gesetzlich nicht vorgesehen und somit nicht rechtmäßig.
Nicht erstattet werden Kosten der Krankenhilfe, wenn diese auf privatärztlicher Basis entstanden bzw. abgerechnet sind.
Für Minderjährige übernimmt die Krankenkasse die Kosten für die Brillengläser in dem Umfang, in dem sie verordnet werden können, aber nicht die Kosten für das Brillengestell (§ 33 Abs. 2 Satz 4 SGB V). Kosten für ein Brillengestell können im Rahmen der Krankenhilfe (§ 40 SGB VIII) oder der Leistungen zum Lebensunterhalt (§ 39 SGB VIII) nicht übernommen werden.
Wird die Leistung als solche nicht von der GKV übernommen, können im Rahmen des § 40 SGB VIII (also im Jugendhilfebereich) auch keine (Rest-)Kosten übernommen werden (siehe auch Urteil 15 A 122/04 des VG Schleswig-Holstein vom 13.07.2005).
Die Abrechnung kann über § 264 Abs. 2-7 SGB V über die GKV erfolgen. Ein Arzt bzw. eine Ärztin muss die Notwendigkeit bescheinigen bzw. eine Behandlung verordnen.
Das Land erstattet keine pauschalen Kosten für angemietete Hotels o. ä. Es können nur Kosten erstattet werden, die im Rahmen einer Hilfemaßnahme einzelfallbezogen entstanden sind. Miete und Nebenkosten sind demnach im Einzelfall umzulegen und fallbezogen abzurechnen.
Rechtsanwaltskosten, z. B. im Rahmen eines Klageverfahrens, sind nicht erstattungsfähig. Nur Leistungen, die zur Erbringung einer Jugendhilfemaßnahme notwendig sind, sind erstattungsfähig.
Es wäre zu klären, ob ggf. Prozesskostenhilfe beantragt werden kann.
Es besteht die Möglichkeit, Kontakt zu Beratungsdiensten, Migrations- und Asylberatungsstellen aufzunehmen. Manche verfügen über einen „Flüchtlingsrechtshilfefonds“.
Dolmetscherkosten, die im Rahmen der Kinder- und Jugendhilfe entstehen (z. B. für die Alterseinschätzung oder Hilfeplanung), werden grundsätzlich übernommen.
Die Notwendigkeit eines Dolmetschereinsatzes sollte dabei im Prozess der Hilfeplanung geprüft werden.
Sprachkurse dienen der Integration der jungen Menschen und sind daher unerlässlich. Die Kosten für Sprachkurse werden vom überörtlichen Träger im Rahmen der Kostenerstattung übernommen, sofern es keinen anderen vorrangigen Kostenträger hierfür gibt.
Ja, Gebärdensprachdolmetscherinnen und -dolmetscher werden, analog zu Dolmetscherkosten, erstattet.
Ja, sofern dies erforderlich ist und kein vorrangiger Träger vorhanden ist.
Grundlage für die Hilfe ist in der Regel § 13 Abs. 2 und 3 SGB VIII.
Gemäß § 89d Abs. 1 SGB VIII ist das Land als überörtlicher Träger erstattungspflichtig, dem der erstattungsberechtigte also zuständige Träger angehört. Da die Zuständigkeit in der regulären ION auch nach Entweichen des umA beim Zuweisungsjugendamt verbleibt, ist nur dieses berechtigt, die Kosten gem. § 89d Abs.1 SGB VIII beim für ihn zuständigen Land geltend zu machen.
Mangels Zuständigkeit ist das Jugendamt, welches die erneute Inobhutnahme vorgenommen hat, also nicht ausreichend legitimiert, um einen Antrag gemäß § 89d Abs. 1 SGB VIII bei einem überörtlichen Träger eines anderen Bundeslandes zu stellen. Diese müssen die aufgewendeten Kosten beim Zuweisungsjugendamt geltend machen. Grundlage hierfür ist hilfsweise die öffentlich-rechtliche Geschäftsführung ohne Auftrag. Das Zuweisungsjugendamt kann sich dann die Kosten wiederum von dem für ihn zuständigen Land erstatten lassen.
Ein Durchgriffsanspruch gegen einen anderen überörtlichen Träger besteht hier nicht. Somit ist die Erstattung der aufgewendeten Kosten im Dreiecksverhältnis über das zuständige Jugendamt abzuwickeln.
Diese können im Einzelfall übernommen werden.
Erforderlich und ausreichend ist in der Regel ein Schnelltest, welcher z. B. in Apotheken zu beziehen ist und von den Betreuerinnen bzw. Betreuern durchgeführt werden kann. Dieser wird in der Regel auch juristisch anerkannt und über diesen ist nachweisbar, ob ein Konsum erfolgt.
Eine Durchführung des Tests durch einen Arzt bzw. eine Ärztin (Abrechnung nach GOÄ) ist in der Regel nur erforderlich im Rahmen von forensischen Gutachten oder MPU-Untersuchungen.
Weiterhin ist abzuklären, ob in dem Entgelt bereits ein entsprechender Posten vorgesehen ist und daher hierüber zu finanzieren ist.
Verteilung
Die Aufnahmepflicht errechnet sich anhand der Aufnahmequote, welche sich aus der Einwohnerzahl der jeweiligen Kommune ergibt. Diese ist analog der Quote, welche die ADD für die Verteilung der Asylbegehrenden zugrunde legt.
Nach dem Urteil des BVerwG vom 26.04.2018 – Az. 5 C 11.17 – beginnt die Monatsfrist des § 42b Abs. 4 Satz 4 SGB VIII erst zu laufen, wenn die Minderjährigkeit im Einzelfall feststeht.
Erst ab diesem Zeitpunkt ist auch die Verteilung möglich, da diese nur für unbegleitete Kinder und Jugendliche rechtlich zulässig ist.
Bis zur abschließenden Altersfeststellung ist die vorläufige Inobhutnahme gemäß § 42a SGB VIII zur Feststellung des Alters im Rahmen des § 42f SGB VIII möglich. Für die weiteren Maßnahmen nach den §§ 42a und 42 SBG VIII sowie der Verteilung nach §§ 42b bis e SGB VIII ist Voraussetzung, dass die Minderjährigkeit feststeht.
Wer zu der Personengruppe gehört, ergibt sich aus den Handlungsempfehlungen der BAGLJÄ (Link zur externen Seite):
http://www.bagljae.de/downloads/128_handlungsempfehlungen-zum-umgang-mit-unbge.pdf
Vor bzw. neben der Prüfung der gesetzlichen Vorgaben der §§ 42a und 42b SGB VIII sind auch die weiteren Voraussetzungen zu prüfen. Hierzu gehört z. B., ob es sich tatsächlich um einen unbegleiteten minderjährigen Ausländer handelt, das Kind bzw. der oder die Jugendliche bereits schon früher eingereist ist und/oder schon einer anderen Kommune zugewiesen wurde.