Gemeinschaftliche Wohnprojekte
Wohnprojekte sind Hausgemeinschaften, die eine gemeinsame Wohnvision verbindet und die Teilbereiche des Hauses gemeinsam nutzen.
Gemeinschaftliches Wohnen ist das Versprechen auf gute Nachbarschaft. Wer in einer Gemeinschaft lebt, kennt seine Nachbarn und weiß, dass er sich auf sie verlassen kann. Wo Menschen gemeinsam wohnen, schreibt das Leben die spannendsten Geschichten.
So gesehen sind Wohnprojekte eine Antwort auf den demografischen Wandel, weil sie der Vereinzelung die Gemeinschaft entgegensetzen und der Einsamkeit, welche in Deutschland zum gesellschaftlichen Phänomen geworden sei (Körber Stiftung 2019), die lebendige Nachbarschaft. Gegen die Preisspirale in Stadtkernen wirken langfristig Genossenschaftsgründungen, die Verdichtung im Wohnen lockern kommunikationsfördernde Flächen für Gemeinschaftsnutzung auf.
Hausgemeinschaften mit Konzept
Wohnprojekte verstehen sich als Hausgemeinschaften, in denen jeder seine eigene Wohneinheit bewohnt, ergänzt durch gemeinsam genutzte Bereiche. Voraussetzung für Gemeinschaftliches Wohnen ist Kommunikationskultur, die gemeinsame Entscheidungen ermöglicht, deshalb gründen Wohnprojekte Geschäftsformen wie Vereine, Gesellschaften, Genossenschaften, Eigentümergemeinschaften etc.
Gemeinsam Wohnen – Alltag teilen
Das Ziel, gemeinschaftlich zu wohnen, ist der kleinste gemeinsame Nenner, auf dem eine Wohninitiative zusammenfindet. Die Gründungsphase ist der Diskussion über das Teilen gewidmet. Das gemeinsame Wohnziel gibt der Gruppe ihre Identität und bestimmt die weitere Planung.
Gemeinsam Räume nutzen – gemeinsam Entscheiden
Die Auslagerung gewisser Wohnnutzungen in gemeinschaftlich genutzte Räume verringert den individuellen Raumbedarf und schafft Synergien und Vielfalt.
Der Gemeinschaftsraum – das große Wohnzimmer – ist inzwischen ebenso wie der Gemeinschaftsgarten gelebter Standard in Hausgemeinschaften. Er ermöglicht gemeinsame Feiern, Kontakt und Geselligkeit als kommunikative Basis. Wer miteinander spricht, löst leichter Konflikte und kann mehr miteinander tun.
Wohnprojekte gehen noch weiter und teilen Funktionsräume wie Werkstatt, Hauswirtschaft, Kinderbereich, Hobbyräume und Working Space. Sie gründen Nachbarschaftsläden, Kultur- und Bildungsprogramm, Stiftungen oder solidarische Landwirtschaft (SoLaWi).
Kontakt
Gerrit Gaidosch
Telefon 06131 967-709
gaidosch.gerrit(at)lsjv.rlp.de
Aus den Wohnprojekten
Junge Familien
Junge Familien schätzen vor allem die Kooperation im Alltag, bei der Versorgung der Kinder und die Nutzung gemeinschaftlicher Räume als Spielfläche, Turnraum, Gemeinschaftsgarten, Hausflohmarkt usw.
Generation 50plus
Die Lebensmitte ist meist eine Phase des Umbruchs - Wegzug der Kinder, Veränderungen im Beruf, Kümmern um die Eltern, Veränderung der Partnerschaft. Das Eigenheim ist plötzlich zu groß und wird gerne gegen eine Wohnung mit lebendiger Nachbarschaft eingetauscht.
Die sogenannten „Best-Ager“ oder „Baby-Boomer“ haben nach der Lebensmitte freie Kapazitäten, und sind oft vielseitig interessiert. Wohnprojekte bieten willkommene Kristallisationspunkte für Innovation, Engagement, Pilotprojekte oder Gründerideen.
Alleinstehende und Ältere
Auch der Gedanke ans Alter spielt eine Rolle. Mit dem Eintritt ins Rentenalter reduzieren sich die Sozialkontakte und wer seinen Partner oder die Partnerin verliert, bleibt meist allein. Eine Nachbarschaft, in der man versprochen hat, sich umeinander zu kümmern, bietet viel Sicherheit. Auch wenn Pflege eine Sache der Fachdienste bleibt, sind kleine Nachbarschaftshilfen und die Verbindlichkeit der Hausgemeinschaft ein Mehr an Lebensqualität.
Alles nutzen statt alles besitzen
In der Genossenschaft steht der gemeinsame Nutzen im Vordergrund, nicht die Teilhabe an der Wertsteigerung der Immobilie. Nur so gelingt es den Genossenschaften, dass mit der Rückführung der Kredite die jährliche Belastung sinkt und das Wohnen langfristig günstiger wird.
Genossenschaften haben die Förderung der Mitglieder durch gemeinschaftliches Wirtschaften zum Ziel. Das verbindet und macht es leicht, Ziele zu formulieren, die einen sozialen Mehrwert bieten.
Gemeinsam gründen - gemeinsam entscheiden
Genossenschaftsinitiativen formulieren ihre Satzung und melden sich bei einem Genossenschaftsverband ihrer Wahl zur Gründungsprüfung an. Während dieser Zeit firmieren sie als eG in Gründung und werben ihre Mitglieder ein.
In der Genossenschaft hat jedes Mitglied eine Stimme, unabhängig von der Höhe der Genossenschaftseinlage. Mit dem Pflichtanteil erwirbt man die Mitgliedschaft und damit das Stimmrecht in der Mitgliederversammlung.
Die Genossenschaft braucht Eigenkapital zum Bauen, welches sie durch die freiwilligen Anteile einwirbt. Die Höhe der Genossenschaftseinlage bemisst sich an den Baukosten. Beim Ausscheiden aus der Genossenschaft werden diese Genossenschaftsanteile zurückgezahlt.
Die Genossenschaft vergibt in der Regel Dauerwohnrechte und erhebt dafür ein Nutzungsentgelt.
Kleinstgenossenschaften
Neugründungen von Wohnungsgenossenschaften sind in RLP bisher Kleinstgenossenschaften mit 9 bis 40 Wohneinheiten. Sie haben besondere Beratungsbedarfe und können bei der Wahl des Prüfverbandes darauf achten, dass Beratung und Informationsangebote auf ihre besonderen Bedürfnisse passen.
Die einfachste Form als Gruppe gemeinsam zu bauen, ist die freie Bauherrengemeinschaft. Jede Wohnpartei kann bei ihrer Hausbank die Kreditwürdigkeit erfragen und kennt damit den Kostenrahmen, in dem sie sich an der Baugemeinschaft beteiligen kann. Künftige Eigentümer*innen gründen in der Regel eine Planungs-GbR für die Bauphase. Nach der Fertigstellung der Wohnungen erstellen sie die Teilungserklärung und erhalten den Grundbucheintrag.
Rechtsformen
Eigentümergemeinschaften firmieren mehrheitlich als WEG nach dem Wohnungseigentumsgesetz.
Eine neue Entwicklung ist die Gründung einer GmbH & Co K.G, um die Gemeinschaft zu stärken.
Beim Syndikatsmodell arbeitet die Hausbesitz-GmbH, an der das Mietshaussyndikat Anteile hält, mit dem Hausverein zusammen. Das Mietshaussyndikat verfolgt das Ziel, Grund und Boden der Spekulation zu entziehen und Wohnen in Selbstverwaltung zu unterstüzen.
Bedarfsorientierung und Gemeinschaft
Eigentümergemeinschaften, insofern sie für den Eigenbedarf planen und die Wohnung nicht vermieten, realisieren bedarfsgerechtes Bauen, indem sie nach ihren eigenen Bedürfnissen planen. Sie schaffen bauliche Innovation und integrieren gemeinschaftliche Elemente wie Begegnungsflächen.
Es gibt Ansätze, den Gemeinschaftsgedanken in die Teilungserklärung der WEG aufzunehmen. In der Co K.G. gründen die Eigentümer eine gemeinsame Firma als verbindendes Element.
Auch im Mietverhältnis ist es für die Bewohnerinnen und Bewohner ein Gewinn, wenn Sie gegenseitigen Kontakt und Nachbarschaftshilfe pflegen. In der Regel ist es dem Zufall überlassen, ob sich unter Mietparteien ein nachbarschaftliches Verhältnis entwickelt.
Mieter- oder Bewohnervereine sind ein hilfreiches Werkzeug, um eine Hausgemeinschaft noch vor dem Einzug auf den Weg zu bringen. Schon während der Planungs- und Bauphase finden über Kennenlerntreffen Wohninteressierte zusammen, die sich gemeinsam eine Satzung geben. Beim Einzug kennen sich bereits alle Nachbarn und gestalten ihre gemeinsame Ankunft im neuen Lebensraum.
Ziel der Kooperation
„Wir übergeben Ihnen die Verantwortung für den Hausfrieden“, so formulierte es die Mainzer Wohnbau bei der Unterzeichnung des Kooperationsvertrages. Die Repräsentant*innen des Vereins sind die Gesprächspartner*innen der Vermieter.
Kooperationsvertrag
Zwei wesentliche Dinge sind anders als gewohnt:
- Der Verein übernimmt das ganze Haus und die Bewohnerinnen und Bewohner haben ein Vorschlagsrecht bei der Belegung der Wohnungen. Damit übernehmen sie Verantwortung für das Mietausfallwagnis.
- Die Wohninteressierten stellen sich zweimal vor. Der Verein prüft, ob die persönlichen Erwartungen zueinander passen. Der Vermieter prüft die Bonität.
Partner für die Vermietung
In der Regel sind kommunale Wohnungsunternehmen ideale Partner für Mieter- oder Bewohnervereine. Sie haben einen kommunalen Sicherstellungsauftrag und bieten Wohnraum in unterschiedlichen Preissegmenten an.
Baugenossenschaften, die in der ersten Hälfte des 20. Jahrhunderts gegründet wurden, haben ein soziales Ziel für ihre Vermietung, verstehen sich oft nicht als Dach für Mietervereine, obwohl dies möglich ist. Modernes Wohnen eG Koblenz hat hier einen Anfang gemacht.
Generalmieterverein
Der Generalmieterverein ist eine Besonderheit. Als Generalmieter mietet er das gesamte Haus an und zieht die Miete von den Bewohner*innen danach wieder ein. Hierbei ist der Verein gewerblich tätig, was sich auf die Rahmenbedingungen im Mietrecht auswirkt. Als Generalmieter hat der Verein mehr Autonomie und Gestaltungsfreiheit, trägt aber auch das Mietausfallwagnis.
Leitfaden
Mietervereine - Neue Wege der Partnerschaft zwischen Mietervereinen und Wohnraum-Anbieter
(Link zur Landeszentrale für Gesundheitsförderung e. V.)
Vergabe nach Konzept
Um Rechtssicherheit bei der Vergabe nach Konzept zu schaffen, haben sich mehrere Bundesländer inzwischen mit der Erstellung von Handreichungen befasst. Statt das höchste Gebot als bestes Verkaufsargument zu werten, werden Aspekte der Nachhaltigkeit bei der Vergabe von Bauland und Entwicklung von Wohnquartieren in die Entscheidung einbezogen. Die Chance, bei der Flächenentwickung innovative energetische, bauliche und soziale Gesichtspunkte einfließen zu lassen, bietet der Wettbewerb der Konzepte.
Die Chance für Kommunen besteht darin, Qualitätskriterien zu formulieren, die die Besonderheiten der Region, die Bedürfnisse der Standortbevölkerung sowie in die Zukunft weisende Trends aufnehmen. Die Jury bewertet die Bewerbungen anhand der Nachhaltigkeitskriterien, das Preisgebot kann zu einem geringen Prozentsatz in die Bewertung einfließen. Wenn Baugruppen eine Chance erhalten sollen, kann auch zum Festpreis vergeben werden.
Orientierungshilfe zur Vergabe öffentlicher Grundstücke nach Konzept
Im Mai 2019 stellte das Finanzministerium Rheinland-Pfalz gemeinsam mit seinen Bündnispartnern den Leitfaden zur Konzeptvergabe vor.
Das Forum Gemeinschaftliches Wohnen e.V. veröffentlichte seinerseits eine Broschüre zur Konzeptvergabe, die modellhafte Verfahren aus den Städten Tübingen, Hamburg, München und Berlin vorstellt. Am Praxisbeispiel lassen sich einzelne Verfahrensschritte, Kosten und Erfahrungen vergleichen.
Das Bundesinstitut für Bau-, Stadt- und Raumforschung veröffentlichte im August 2020 die Ergebnisse einer Studie mit dem Titel "Baukultur für das Quartier. Prozesskultur durch Konzeptvergabe."