Im Anschluss an ein Schadensereignis erfüllt der Opferbeauftragte auch eine so genannte Lotsenfunktion, indem er die Entschädigungsansprüche koordiniert und Kontakte zu den jeweiligen Hilfseinrichtungen vermittelt.
„Alle Leistungsträger der Entschädigungen mussten an einen Tisch, um ein Durcheinander zu vermeiden“, so Detlef Placzek. In Zusammenarbeit mit dem Oberbürgermeister von Trier, Wolfram Leibe, organisierte der Opferbeauftragte vier Mal einen so genannten „Runden Tisch“, zu dem alle eingeladen wurden, die an der Bewältigung des Schadensereignisses in irgendeiner Weise beteiligt waren.
Geplant und durchgeführt wurde des Weiteren eine mittel- und langfristige psychosoziale Nachsorge vom Opferbeauftragten gemeinsam mit der Stadt Trier und der in Rheinland-Pfalz ansässigen Stiftung Katastrophen Nachsorge. Das Ehepaar Dr. Jatzko, Gründer der Stiftung, betreute bereits die Betroffenen der Flugkatastrophe in Ramstein und sammelt seit über 30 Jahren Erfahrungen im Umgang mit Katastrophenfällen. „Menschen, die einer lebensbedrohenden Situation ausgesetzt waren, brauchen einen Ort und eine Zeit, um sich mit anderen Hinterbliebenen und Überlebenden über ihre Erfahrungen auszutauschen. Durch die Bildung von Schicksalsgemeinschaften werden neue Beziehungen entwickelt und Rückzug und Vereinsamung verhindert“, erklärt Sybille Jatzko.
Trotz erschwerter Corona-Bedingungen konnte der Opferbeauftragte im vergangenen Jahr insgesamt sieben Mal zu einem Nachsorge-Treffen einladen. Die Treffen ermöglichen in einem geschützten Rahmen persönliche Erlebnisse anzusprechen und im Austausch mit anderen Unterstützung zu erfahren. Regelmäßig wurden dazu Experten eingeladen, die Aufklärungsarbeit leisten konnten. U.a. bildete „Traumatisierung“ und ihre Auswirkungen auf Körper und Seele ein wichtiges Thema. „Jedes Opfer hat eine persönliche Geschichte und bedarf individueller Begleitung. Dieses moderierte Gruppenangebot ersetzt keine Therapie. Aber ich habe im vergangenen Jahr erlebt, dass fundierte Informationen und die Teilhabe an einer Gemeinschaft dazu beitragen, dass Betroffene wieder Kontrolle über das Leben gewinnen“, so Detlef Placzek.
Placzek zeigte sich erfreut, dass in den Nachsorgetreffen auch über die Verwendung der Spendengelder gemeinsam mit den Betroffenen eine Einigung erzielt werden konnte. Es ist wichtig, dass Betroffene in Entscheidungsprozesse einbezogen werden. Aktuell zeigt sich das deutlich in den Absprachen über die Gestaltung eines Gedenkplatzes mit Künstlerinnen und Künstlern aus Trier.
Genau ein Jahr ist seit der Amokfahrt vergangen. Immer noch gibt es Personen, die die Innenstadt nicht betreten können. Viele Menschen haben sich im Büro des Opferbeauftragten für den ökumenischen Gottesdienst und die abendliche Aufführung des Requiems angemeldet. Die Betroffenen haben im vergangenen Jahr vieles miteinander geteilt: Sorgen und Trauer, Erinnerungen und Fragen, Kampf und Wut, aber auch Hilfestellung Trost und Schritte des Aufbruchs. Auch am Gedenktag soll niemand das Gefühl haben, alleine zu sein.
Als sehr belastend empfinden es die Opfer, dass der Täter nach wie vor über seine Motive für die Tat schweigt. „Hilfreich für die Bewältigung dieses Ereignisses wäre eine Aussage des Täters, warum er auf so brutale Art und Weise Leben ausgelöscht und anderen Menschen so viel Leid zugefügt hat,“ so Placzek.
Er appelliert an den mutmaßlichen Täter zu seiner Tat zu stehen und auszusagen.
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