Mit der Unterzeichnung einer Absichtserklärung einigten sich das Landesamt für Soziales, Jugend und Versorgung als Träger der Eingliederungshilfe und die Spitzenverbände der Leistungserbringer der Eingliederungshilfe auf eine grundlegende Neufassung.
„Nach jahrelangen Verhandlungen, die auch durch die Corona-Pandemie verzögert wurden, konnte nun erfolgreich eine grundsätzliche Einigung erzielt werden. Damit wird in Rheinland-Pfalz erstmals eine einheitliche Leistungs- und Vergütungssystematik für die Soziale Teilhabe in der Eingliederungshilfe für volljährige Menschen mit Behinderung eingeführt. Insbesondere für den Bereich Messung und Wirkung von Leistungen für behinderte Menschen übernehmen wir damit eine bundesweite Vorreiterrolle“, so Placzek weiter.
Der Landesrahmenvertrag im Bereich der sozialen Teilhabe bedeutet für Menschen mit Behinderung eine deutliche Stärkung ihrer Selbst- und Mitbestimmungsrechte. Der Rahmenvertrag gibt klare Strukturen für Leistungserbringer vor und lässt genug Freiraum für individuelle Wohnangebote für Menschen mit Behinderung. Er wird somit zum zentralen Baustein einer modernen Politik für Menschen mit Behinderung in Rheinland-Pfalz", sagte Sozialminister Alexander Schweitzer.
Das LSJV nimmt die Aufgabe des Landes als Träger der Eingliederungshilfe für die Menschen mit Behinderungen über 18 Jahren in Rheinland-Pfalz wahr. Menschen mit körperlichen, geistigen und seelischen Beeinträchtigungen oder davon bedrohte Menschen können Leistungen der Eingliederungshilfe in Anspruch nehmen, um die Folgen ihrer Beeinträchtigung möglichst zu überwinden und ihnen die Selbstbestimmung sowie die volle, wirksame und gleichberechtigte Teilhabe am Leben in der Gesellschaft zu ermöglichen. In Rheinland-Pfalz leben ca. 34.000 Menschen, die Leistungen der Eingliederungshilfe in Anspruch nehmen.
Um die Erbringung und Vergütung der Leistungen der Eingliederungshilfe zu regeln, verhandelt das LSJV gemeinsam mit den Wohlfahrtsverbänden und den Verbänden privater Anbieter, sowie dem Landeskrankenhaus und dem Pfalzklinikum einen Rahmenvertrag. Die Interessenvertretung der Menschen mit Behinderungen wirkt bei den Verhandlungen mit. Mit der Neufassung des Rahmenvertrags werden verbindliche Regelungen für den Bereich der sozialen Teilhabe vereinbart.
Dies sind die zentralen Neuerungen:
- Die vereinbarten Hilfen werden personenzentriert angeboten und das Mitspracherecht für Menschen mit Behinderungen über 18 Jahren wird an mehreren Stellen deutlich gestärkt.
- Erstmalige landesweite Leistungs- und Vergütungsvereinbarungen für alle Angebote ermöglichen mehr Klarheit und Verwaltungsvereinfachung für Land, Kommunen und Leistungserbringer.
- Zukünftig müssen die leistungsberechtigten Menschen mit Behinderungen den Erhalt ihrer Leistungen bestätigen.
- Da es bundesweit kein einheitliches Verfahren gibt, wurde eine eigene Wirksamkeitsbetrachtung für Rheinland-Pfalz entwickelt. Diese wird mit dem Instrument der Befragung in Verantwortung des Leistungserbringers durchgeführt, unter Einbezug der Interessenvertretungen und der Kommunen. Die Befragung soll zunächst für den Bereich Soziale Teilhabe im Jahr 2024 durchgeführt und anschließend die Ergebnisse dem LSJV als Träger der Eingliederungshilfe vorgelegt werden. Mit diesem Verfahren sollen die Wirksamkeit der Eingliederungshilfe messbar gemacht und neue Impulse für die Qualitätssicherung abgeleitet werden. Das kommt den betroffenen Menschen unmittelbar zugute.
Der Landesrahmenvertrag wurde auf Grundlage des Bundesteilhabegesetzes (BTHG) vereinbart. Das BTHG, das seit 2017 schrittweise in Kraft tritt, hat zum Ziel, Menschen mit Behinderungen eine möglichst volle und wirksame Teilhabe in allen Lebensbereichen für eine selbstbestimmte Lebensführung zu ermöglichen. Mit ihm soll das deutsche Recht der Eingliederungshilfe in Übereinstimmung mit den Vorgaben der UN-Behindertenrechtskonvention (UN-BRK) weiterentwickelt werden. Diese Neuausrichtung der Eingliederungshilfe hin zu einem modernen Teilhaberecht stellt dabei Menschen mit Behinderungen und ihre Bedürfnisse ins Zentrum. Entsprechend der personenbezogenen Bedarfsfeststellung nach dem BTHG werden sich Leistungen der Eingliederungshilfe zukünftig viel stärker an den individuellen Wünschen der Leistungsberechtigten orientieren.
Pro Jahr stehen etwa 1,15 Mrd. Euro für die Leistungsvergütung der Eingliederungshilfe im Haushalt des Landes zur Verfügung.
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