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Netzwerktagung bietet deutschlandweiten Austausch über Umsetzung der Betreuungsrechtsreform 2023

Das zum 1. Januar 2023 in Kraft tretende Gesetz zur Reform des Vormundschafts- und Betreuungsrechts soll die Selbstbestimmung und Autonomie der rund 1,3 Millionen unterstützungsbedürftigen Menschen in Deutschland stärken.

Zur Netzwerktagung im Betreuungsrecht am 1. und 2. Juni in Bingen wurde die Rechtsreform unter dem Motto „Reformgesetz trifft Praxis“ – Antworten zur Umsetzung der Betreuungsrechtsreform 2023“ mit Akteurinnen und Akteuren in der Betreuung aus ganz Deutschland in den Blick genommen.

Das reformierte Betreuungsrecht ist am Selbstbestimmungsgedanken der UN-Behindertenrechtskonvention (UN-BRK) ausgerichtet, der somit ins Zentrum des Betreuerhandelns gerückt wird. „Selbstbestimmung und Partizipation von betreuten Menschen sollen gefördert werden. Auf Seiten der Betreuerinnen und Betreuer bedeutet dies eine Umstellung weg von der Vertretung und hin zur Assistenz und dem Prozess der ‚Unterstützten Entscheidungsfindung‘“, betont Detlef Placzek, Präsident des Landesamtes für Soziales, Jugend und Versorgung (LSJV), zur Eröffnung der Veranstaltung.

Betroffene sollen künftig in sämtliche Stadien und Entscheidungen eines Betreuungsverfahrens eingebunden werden. Dem voraus geht der Grundsatz, dass eine Betreuung nur angeordnet werden darf, wenn sämtliche einer Betreuungsanordnung vorgelagerten sozialrechtlichen Hilfen nicht mehr aussichtsreich sind, um die Betroffene/den Betroffenen ausreichend zu versorgen.

Placzek richtete seinen besonderen Dank an die ehrenamtlichen Betreuerinnen und Betreuer, deren Engagement eine Schlüsselrolle im Betreuungsnetzwerk einnimmt. Zur Verbesserung des Informations- und Kenntnisniveaus ehrenamtlicher Betreuerinnen und Betreuer sieht das Reformgesetz die Möglichkeit einer Anbindung an einen anerkannten Betreuungsverein vor. Anerkannte Betreuungsvereine erhalten einen gesetzlichen Anspruch auf eine bedarfsgerechte finanzielle Ausstattung mit öffentlichen Mitteln zur Wahrnehmung der ihnen zugewiesenen Aufgaben. Außerdem werden persönliche und fachliche Mindesteignungsvoraussetzungen für Berufsbetreuerinnen und -betreuer eingeführt, um die Qualität der Betreuung zu sichern.

Die Diskussionsrunde mit Sozial- und Digitalisierungsminister Alexander Schweitzer sowie Referentinnen und Referenten aus der Betreuungsszene setzte den Fokus wiederum auf das Thema Digitalisierung in der Betreuung. „Digitalisierung ist eine der größten Herausforderungen des 21. Jahrhunderts – aber auch die größte Chance auf eine nachhaltige Verbesserung unseres Alltags. Die Digitalisierung verändert unseren Alltag, unsere Arbeitswelt, unsere Wirtschaft, unser Lernen und unsere Kommunikation. Das gilt auch für das Betreuungswesen. Mein Ziel ist es, das Potenzial der Digitalisierung im Betreuungsrecht zu erschließen und Menschen in die Lage zu versetzen, daran überhaupt teilzunehmen“, sagte Schweitzer.

Justizminister Herbert Mertin meldete sich per Videobotschaft aus der gleichzeitig stattfindenden Justizministerkonferenz. Er richtete sich zunächst an die Betreuerinnen und Betreuer: „Sie leisten einen unverzichtbaren Beitrag im Betreuungswesen. Ohne Ihre wertvolle Mitarbeit – sei sie hauptberuflich oder ehrenamtlich – erhielten die Betroffenen nicht die Unterstützung, die sie benötigen und verdienen. Vielen Dank dafür!“ Die bevorstehende Reform nahm er zum Anlass, einen Blick in die Zukunft zu werfen: „Der Erfolg der Reform hängt davon ab, wie praxisnah die neuen Vorschriften mit Leben gefüllt werden können. Ich bin zuversichtlich, dass Sie alle als Beteiligte im Betreuungsnetzwerk dazu in den nächsten Jahren in hervorragender Weise beitragen werden.“

Die Netzwerktagung fand vor dem Hintergrund des 30-jährigen Jubiläums des Betreuungsrechts statt, welches 1992 in Kraft trat und damals das umstrittene Vormundschaftsrecht ablöste.

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