„Viele Türen stehen offen, werden aber nicht immer gefunden“, bemerkt der Sozialminister. „Es gibt noch zu viele Unternehmen und Betriebe, in denen es keine schwerbehinderten Kolleginnen und Kollegen gibt. Die Menschen brauchen Vorbilder. Solche exzellenten Beispiele sind die Preisträgerinnen und Preisträger. Sie schaffen das Bewusstsein, dass Inklusion im Arbeitsalltag gelingt.
„Der Landespreis möchte Arbeitgeberinnen und Arbeitgeber ermutigen, schwerbehinderten Menschen eine Chance auf dem ersten Arbeitsmarkt zu geben“, konstatiert Michael Scharping, Vize-Präsident des Landesamtes für Soziales, Jugend und Versorgung. „Unternehmen können dem Fachkräftemangel entgegenwirken, indem sie die Qualifizierung und Beschäftigung von schwerbehinderten Menschen anstreben und umsetzen. Die Preisträgerinnen und Preisträger des Landespreises zeigen, dass es erfolgreich möglich ist“, so Scharping.
Folgende Institutionen können sich über die Erstplatzierung freuen:
Nichtbeschäftigungspflichtige Betriebe
1870 Ihr Gasthaus, Bad Bergzabern
Die Jury entschied sich in der Kategorie „Nichtbeschäftigungspflichtige Betriebe“ für dieses Gasthaus. Als kleiner Familienbetrieb mit insgesamt sechs Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern ist das Gasthaus nicht verpflichtet, Menschen mit Behinderung zu beschäftigen. Dennoch sind zwei Mitarbeiterinnen schwerbehindert. Ein weiterer schwerbehinderter Mitarbeiter arbeitet dort auf 450 €-Basis.
Inhaberin Siobán Lennon eröffnete das Gasthaus während des Lockdowns im November 2020. Zuvor war sie in leitender Funktion in einem Inklusionshotel tätig. Dieses musste wegen der Pandemie schließen. Die beiden schwerbehinderten Mitarbeiterinnen waren zuvor im Inklusionshotel beschäftigt und fanden in Lennons Gasthaus eine neue sozialversicherungspflichtige Beschäftigung.
Die Inhaberin legt großen Wert auf die Weiterbildung ihrer Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter und bietet z. B. Schulungen in der Warenwirtschaft und im Umgang mit großen Küchengeräten an. Die Arbeitsabläufe werden entsprechend den Bedarfen der Beschäftigten angepasst, so erfolgen beispielsweise Arbeitsanleitungen für die Zubereitung von Speisen in leichter Sprache.
Betriebe bis 100 Beschäftigte
Atrium Hotel Mainz, Dr. Lothar Becker e. K., Mainz
Das Atrium Hotel Mainz des Inhabers Dr. Lothar Becker überzeugte die Jury in der Kategorie „Betriebe bis 100 Beschäftigte“. Das Hotel beschäftigt 74 sozialversicherungspflichtige Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter. Vier von ihnen sind schwerbehindert, somit weist das Unternehmen eine Beschäftigungsquote schwerbehinderter Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter von 5,6 % auf.
Besonders hervorzuheben ist, dass der Arbeitgeber einem Beschäftigten einer Werkstatt für behinderte Menschen (WfbM) ermöglichte, seine berufliche Bildungsmaßnahme in ambulanter Form in der kalten Küche sowie die Teilnahme am IHK-Lehrgang „Fachhelfer in Sozialeinrichtungen“ zu absolvieren.
Am 1. September 2021 wurde er in einem sozialversicherungspflichtigen Arbeitsverhältnis unter Inanspruchnahme des Budgets für Arbeit im Hotel unbefristet eingestellt.
Weitere schwerbehinderte Mitarbeitende sind in den Bereichen Housekeeping, Küche, Reinigung und Wäsche tätig. Die Arbeitszeiten wurden hier entsprechend der Bedürfnisse angepasst, z. B. 3-Tagesrhythmus und keine Nachtarbeitszeiten.
Das Hotel pflegt eine gute Zusammenarbeit mit einer WfbM, vergibt verschiedene Aufträge an sie und steht dieser jederzeit gerne für Praktikantenstellen zur Verfügung.
Betriebe ab 100 Beschäftigte
Freudenberg Gruppe, Standort Kaiserslautern
In der Kategorie „Betriebe über 100 Beschäftigte“ stimmte die Jury für die Freudenberg-Gruppe. Die Freudenberg Gruppe ist ein globales Technologieunternehmen mit rund 48.000 Mitarbeitenden in rund 60 Ländern. Am Standort Kaiserslautern arbeiten derzeit 559 Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter, 83 von ihnen sind schwerbehindert. Das ergibt eine Beschäftigungsquote schwerbehinderter Menschen von 15 %. Die Mitarbeitenden mit Schwerbehinderung sind in allen Bereichen im Einsatz.
Darüber hinaus bietet die Freudenberg-Gruppe Menschen mit Schwerbehinderung Praktikumsplätze an und arbeitet eng mit Integrationsfachdiensten (IFD), Werkstätten für behinderte Menschen (WfbM) und der Arbeitsagentur zusammen.
Zudem vergibt das Unternehmen am Standort Kaiserslautern Aufträge an WfbM (z. B. die Pflege der Außenanlage, die Erstellung von Produktmustermappen und ein eigens umgebautes behinderungsgerechtes Lager auf dem Werksgelände mit 45 Beschäftigten der WfbM). Weiterhin ist der Bereich Gesundheitsprävention / Gesundheitsmanagement am Standort Kaiserslautern als vorbildlich zu würdigen. Davon profitieren alle Beschäftigten.
Öffentlicher Dienst
Struktur- und Genehmigungsdirektion Nord, Koblenz
Die Struktur- und Genehmigungsdirektion (SGD) Nord in Koblenz wurde von der Jury in der Kategorie „Öffentlicher Dienst“ gewählt. Die SGD Nord beschäftigt 462 Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter; 49 von ihnen sind schwerbehindert. Somit weist sie eine Beschäftigungsquote schwerbehinderter Menschen von 11% auf.
Als moderne Bündelungsbehörde vereint die SGD Nord Gewerbeaufsicht, Wasser- und Abfallwirtschaft, Bodenschutz, Raumordnung, Landesplanung, Naturschutz und Bauwesen sowie eine Servicestelle für Unternehmer und Existenzgründer unter einem Dach. Die Mitarbeitenden mit Schwerbehinderung sind in allen Bereichen im Einsatz. Darüber hinaus stellt die SGD Nord gerne Praktikantinnen und Praktikanten im Rahmen berufsqualifizierender Lehrgänge ein.
Die Obere Landesbehörde des Landes Rheinland-Pfalz in Koblenz legt großen Wert auf eine angemessene Arbeitsplatzausstattung und nimmt spezielle Anpassungen vor, z. B. bei Mitarbeitenden mit Sehbehinderungen, Hörbehinderungen und diversen körperlichen Beeinträchtigungen. Ebenso stellt die SGD Nord Telearbeitsplätze zur Verfügung. Alle Dienstgebäude werden ständig barrierefrei angepasst, so verfügen z. B. alle Diensteingänge der sieben Gebäude über barrierefreie Zugänge. Das Dienstgebäude „Mosellum Erlebniswelt“ wurde mit dem Zertifikat „Barrierefreiheit geprüft“ ausgezeichnet.
Die SGD Nord verfügt über ein Betriebliches Eingliederungsmanagement (BEM), das kontinuierlich und erfolgreich praktiziert wird. Sie hat darüber hinaus ein Gesundheitsmanagement etabliert.
Sonderpreis
Gastring Ingenieure, Bendorf
Gastring Ingenieure hat die Jury in der Kategorie „Sonderpreis“ überzeugt. Der Betrieb mit 16 sozialversicherungspflichtigen Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern beschäftigt einen schwerstbehinderten Auszubildenden zum Bauzeichner. Er leidet an einer speziellen Muskelerkrankung (Muskeldystrophie duchenne) und ist deswegen auf einen Elektrorollstuhl und auf Assistenz in der Berufsschule sowie am Ausbildungsplatz angewiesen. Zudem ist er von einer Sehschwäche betroffen.
Das Ingenieurbüro richtete für ihn einen CAD-Arbeitsplatz ein. Der Arbeitsplatz musste entsprechend angepasst werden (Tisch, Tastatur, Maus, Telefon etc.). Der Auszubildende sammelte durch ein Schülerpraktikum erste Erfahrungen in dem Betrieb. Anschließend bot Gastring Ingenieure ihm einen wöchentlichen Praxistag an. Nach der Ausbildung möchte das Unternehmen ihn fest anstellen.
Das Bendorfer Ingenieurbüro ist offen für die Einstellung schwerbehinderter Praktikanten. So wurde kürzlich einem jungen Menschen mit Autismus ein Praktikum ermöglicht.
Als Zweitplatzierte wurden mit einer Urkunde ausgezeichnet:
- Kreativ Werkstatt Herwick GmbH, Betzdorf (nichtbeschäftigungspflichtiger Betrieb)
- Rittal RHO GmbH & Co. KG, Standort Hof/Westerwald (Betrieb ab 100 Beschäftigte)
- Stadtverwaltung Trier (Öffentlicher Dienst)
Die Urkunde für den dritten Preis erhielten:
- WWL Westerwaldlogistik GmbH, Moschheim (nichtbeschäftigungspflichtiger Betrieb)
- Schäfer Shop Group GmbH & Co. KG, Betzdorf (Betrieb ab 100 Beschäftigte)